Wie werden Netzhaut- und Glaskörpererkrankungen behandelt?
Früher waren die meisten Netzhaut- und Glaskörpererkrankungen inoperabel und nicht heilbar. In den vergangenen Jahren sind aber glücklicherweise viele neue laserchirurgische und mikrochirurgische Verfahren entwickelt worden, so dass heute die Mehrzahl der Erkrankungen des hinteren Augenabschnittes erfolgreich behandelt werden kann.
Grundsätzlich kann man folgende Methoden unterscheiden:
- Laserchirurgische Verfahren
- Den Augapfel nicht eröffnende Operationsverfahren
- Die modernen Verfahren der Netzhaut-Glaskörper-Chirurgie (Pars plana – Vitrektomie)
- Eingabe von Medikamenten in den Glaskörperraum (IVOM)
Die genannten Verfahren werden häufig auch in Kombination eingesetzt.
Prinzip: Das Setzen von einzelnen Laserherden erzeugt feine Narben der Netzhaut.
Die Laserbehandlung kann umschrieben eingesetzt werden, um Lochvorstufen oder umschriebene Löcher der Netzhaut abzusichern und so die Entwicklung einer Netzhautablösung zu verhindern.
Flächig eingesetzt dient die Laserbehandlung der Netzhaut dazu, den Sauerstoffbedarf der Netzhaut zu verringern und so schwere Komplikationen wie Gefäßneubildung zu verhindern. Die flächige Laserbehandlung der Netzhaut wird vor allem bei der diabetischen Retinopathie und bei Gefäßverschlüssen der Netzhaut eingesetzt.
Prinzip: Operation der Netzhaut durch die Augenwand hindurch, ohne mit Instrumenten in den Augapfel einzugehen.
Beispiele sind die Vereisungsbehandlung der Netzhaut (Kryokoagulation) wegen größerer Netzhautrisse oder wegen Durchblutungsstörungen (proliferative diabetische Retinopathie, Gefäßverschlüsse der Netzhaut) und das Aufnähen von elastischen Plomben oder elastischen umgürtenden Bändern (Cerclage) zur Behandlung von Netzhautablösung.
Diese chirurgischen Techniken wurden ursprünglich vor 40 Jahren von Robert Machemer entwickelt. Durch kleine Öffnungen in der Lederhaut im Bereich des hinteren Ziliarkörpers (Pars plana) wird mit mehreren feinen Instrumenten (Lichtquelle, automatisches Schneidegerät etc.) unter Sicht in das Augeninnere eingegangen. So kann unter dem Operationsmikroskop kontrolliert das Glaskörpergel aus dem Auge entfernt werden. Außerdem können Narben von der Netzhaut entfernt werden, kann eine abgelöste Netzhaut wieder zur Anlage gebracht werden und können Medikamente, Luft, Gas oder Silikonöl in das Auge eingegeben werden. Die moderne Glaskörperchirurgie hat die Behandlung zahlreicher Netzhaut- und Glaskörpererkrankungen in den letzten Jahren revolutioniert. Die häufigsten Indikationen sind heute Narbenbildungen auf der Makula (epiretinale Gliose), Makulalöcher (Makulaforamen), Glaskörperblutungen, diabetische Augenerkrankungen und Netzhautablösungen. Die von uns heute meist verwendeten Kleinstschnitt-Techniken (23 Gauge) benötigen keine Naht der Lederhaut mehr und sind daher für die Patienten und ihre Augen sehr schonend.
Bei vielen Erkrankungen der Netzhautmitte (Makula, Stelle des schärfsten Sehens), darunter AMD und Makulaödem, ermöglicht heute die Eingabe spezieller Medikamente direkt in das Augeninnere in den Glaskörperraum gute Behandlungsergebnisse. Der kleine Eingriff wird steril im Operationssaal in Tropfanästhesie ambulant durchgeführt. Infolge der Verwendung von mikroskopisch kleinen Injektionsnadeln ist der Eingriff praktisch schmerzlos. Ein Absetzen von gerinnungshemmenden Medikamenten vor dem Eingriff ist nicht erforderlich.
Feuchte altersbezogenen Makula-Degeneration (feuchte AMD)
Bei der sehr häufigen feuchten AMD bilden sich feine neue Blutgefässe in der Makula, die über Flüssigkeitsaustritt (Ödem), Blutungen und Vernarbung ohne Behandlung zum Verlust der Lese- und Sehfähigkeit führen. Durch neuentwickelte stark wirksame Medikamente, die im Rahmen eines kleinen Eingriffs in den Glaskörperraum des Auges eingegeben werden, kann die feuchte AMD heute gut behandelt und meist eine brauchbare Sehkraft erhalten werden. Für die Behandlung kommen verschiedene Anti-VEGF-Medikamente (Avastin. Eylea und Lucentis) zum Einsatz. Die Behandlung muss als Langzeittherapie meist über viele Monate und Jahre regelmäßig durchgeführt werden, da es ansonsten fast immer zu einem neuen Krankheitsschub kommt.
Diabetisches Makulaödem
Bei Patienten mit über viele Jahre bestehendem Diabetes mellitus kann sich die Sehkraft durch ein diabetisches Makualödem verschlechtern. Hierbei kommt es als Folge der Zuckerkrankheit zu Veränderungen der kleinen Blutgefäße in der Nähe der Makula. Infolge einer vermehrten Durchlässigkeit der Gefäßwände treten Flüssigkeit, Eiweisse und Fettstoffe aus den Blutgefässen in die Makula aus und führen zu einer Flüssigkeitsansammlung mit Verdickung, dem Makulaödem.
Auch beim diabetischen Makulaödem ist heute meist die Eingabe von Medikamenten in den Glaskörperraum (IVOM) die erfolgversprechendste Behandlung, wobei wie bei der feuchten AMD Anti-VEGF-Medikamente (Lucentis, Avastin) zum Einsatz kommen. Wie bei der feuchten AMD ist meist eine Langzeit-IVOM-Behandlung erforderlich.
Bei manchen Patienten mit diabetischem Makulaödem kann auch eine gezielte Laserbehandlung der Netzhaut (Argon-Laser-Koagulation) oder eine Glaskörperoperation (Pars plana-Vitrektomie mit Membrane-Peeling) erforderlich sein.
Makulaödem infolge von Gefäßverschlüssen der Netzhaut
Auch nach Venenverschlüssen der Netzhaut entwickelt sich häufig ein Makulaödem auf dem betroffenen Auge mit folgender Sehverschlechterung. Auch hier besteht die Behandlung heute in der Eingabe von Medikamenten in den Glaskörperraum (IVOM). Als Medikamente kommen sowohl Anti-VEGF-Substanzen (Lucentis, Avastin) als auch Corticosteroide (Ozurdex, Triamcinolon) zum Einsatz.
Makulaforamen
Die nicht so seltene Lochbildung an der Netzhautmitte wird heute operativ behandelt. Es erfolgt die Entfernung von Glaskörper und Lösung feiner Narben an der Netzhautoberfläche (Pars plana-Vitrektomie mit Membrane- und ILM-Peeling) sowie Gaseinfüllung in das Auge. Die in den Augapfel eingegebene Gasblase löst sich innerhalb von einigen Wochen von selbst auf, in dieser Zeit sollte der Patient zum Schlafen möglichst auf dem Bauch oder auf der Seite liegen. Anti- VEGF-Medikamente jedoch sind beim Makulaforamen wirkungslos.
Epiretinale Gliose der Makula (Macular Pucker)
Die feinen Narben im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens sind die Ursache der Sehverschlechterung und werden operative im Rahmen einer Pars plana-Vitrektomie entfernt. Antif-VEGf-Medikamente sind bei der epiretinalen Gliose der Makula ebenfalls wirkungslos.
- Netzhautlöcher ohne größere Netzhautablösung und Vorstufen von Netzhautlöchern: Laserbehandlung mit dem Argon-Laser zur Vermeidung der Entwicklung einer größeren Netzhautablösung, bei größeren Netzhautrissen auch Vereisungsbehandlung der Netzhaut (Kryokoagulation)
- Voll ausgebildete Netzhautablösung: Aufnähung von Plomben oder umgürtenden Bändern von außen auf die Wand des Augapfels, kombiniert mit Vereisung des Netzhautrisses
- Komplizierte voll ausgebildete Netzhautablösung: Bei komplizierteren Situationen (sehr große Risse, Blut im Glaskörperraum, beginnende Vernarbung von Netzhaut und Glaskörper) wird eine primäre Glaskörperausschneidung (Pars plana-Vitrektomie) durchgeführt. Anschließend wird die Netzhaut durch Einfüllen von Gas oder Silikonöl wieder zum Anliegen gebracht. Die modernen Verfahren der Pars plana-Vitrektomie werden heute zunehmend auch als erstes Standardverfahren bei Netzhautablösung eingesetzt.
Glaskörpertrübungen
Bei ausgeprägteren Glaskörpertrübungen (durch Blut, Entzündungszellen etc.) erfolgt die mikrochirurgische Entfernung des Glaskörpers mitsamt der Trübungen (Pars plana-Vitrektomie).
Diabetische Retinopathie
Eine fortgeschrittene Hintergrundsretinopathie oder beginnende proliferative Retinopathie erfordert dringend eine ausgiebige Laserkoagulation der Netzhaut mit dem Argon-Laser. Damit kann man Netzhaut-Risse, diabetische Netzhautveränderungen und Durchblutungsstörungen nach Gefäßverschlüssen behandeln. Der ARGON Edelgas LASER dient zur Behandlung von Netzhautablösungen durch "Anschweißen", was eine weitere Ablösung verhindert.
Bei fortgeschrittener proliferativer Retinopathie mit Glaskörperblutung, Narben auf der Netzhautoberfläche und/oder Netzhautablösung durch Narbenzug: Pars plana-Vitrektomie mit Entfernung von Narbensegeln von der Netzhautoberfläche, Endolaserkoagulation (Laserbehandlung mit in das Augeninnere eingeführter Lasersonde), ggf. Vereisungsbehandlung der äußeren Netzhaut, ggf. Einfüllen von Silikonöl.
Makulaforamen
Pars plana-Vitrektomie mit Gaseinfüllung in das Auge, ggf. mit Entfernung feiner Membranen von der Netzhautoberfläche (Membrane Peeling)
Makula Pucker
Pars plana-Vitrektomie mit Membrane Peeling